Großer Sanierungsbedarf bei schlechter Haushaltslage – Oberbürgermeister Markus Kleemann: „Wir befinden uns in einer strukturellen Krise“

Um den bestehenden Sanierungsstau in Sindelfingen abzubauen, sind in den kommenden Jahren sehr große Investitionen in die städtische Infrastruktur unumgänglich. Allerdings zeigt eine aktuelle Bestandsanalyse der finanziellen Situation, dass diese deutlich schlechter ist als derzeit bekannt, unter anderem aufgrund stark eingebrochener Gewebesteuereinnahmen. Eine Haushaltskonsolidierung ist zwingend notwendig, um diese strukturelle Krise zu bewältigen. Gemeinderat und Stadtverwaltung haben sich in einer Klausur auf zentrale Festlegungen und Eckpunkte für diesen bevorstehenden Prozess geeinigt.

Oberbürgermeister Markus Kleemann sagt: „Sindelfingen befindet sich in einer strukturellen Krise. Wir müssen nun sowohl mit dem vorhandenen Sanierungsstau als auch mit einer schlechten finanziellen Situation, insbesondere aufgrund stark eingebrochenen Gewerbesteuereinnahmen umgehen. Mit allen Fraktionen und Gruppen im Gemeinderat pflegen wir ein gutes, konstruktives Miteinander – und wir sind uns einig: Diese Herausforderung können wir nur gemeinsam bewältigen. Nur so wird es gelingen, die Krise auch als Chance zu nutzen und Sindelfingens Zukunft aktiv zu gestalten. In einer Gemeinderatsklausur haben wir gemeinsam erarbeitet, wie wir bei der Haushaltskonsolidierung vorgehen wollen.“ Er ergänzt: „Ich war auch von deutlich besseren Rahmenbedingungen ausgegangen. Jetzt gilt es, das Beste aus dieser Situation zu machen. Wir verfügen über einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein außergewöhnlich engagiertes Ehrenamt. Wir werden alle den Gürtel enger schnallen müssen – aber gemeinsam werden wir Sindelfingen sicher aus dieser Krise herausführen.“
Großer Investitionsbedarf in den kommenden JahrenIn Sindelfingen besteht ein großer Sanierungsbedarf in vielen Bereichen. Eine aktuelle Bestandsanalyse zeigt, dass in den kommenden Jahren sehr hohe Investitionen in die Sanierung zahlreicher Schulen, Kitas, Straßen und öffentlicher Gebäude unumgänglich sind, um unsere Infrastruktur zu erhalten.Der gesamte Investitionsbedarf der Stadt bis 2029 beläuft sich auf etwa 540 Mio. Euro. Gut 300 Mio. Euro davon sind in der mittelfristigen Finanzplanung des Haushaltes bislang nicht berücksichtigt. Aus dem Sondervermögen „Infrastruktur“ des Bundes kann Sindelfingen dagegen nur mit etwa 31,4 Mio. Euro rechnen. Wie und wann diese Mittel abgerufen werden können, steht derzeit noch nicht fest.
Deutlicher Einbruch der GewerbesteuereinnahmenGleichzeitig hat sich die Haushaltslage der Stadt Sindelfingen deutlich verschlechtert. Mit dem Transformationsprozess in der Automobilindustrie kommt es zu einem starken Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen. Für das Jahr 2025 wurde eine Gewerbesteuerrückzahlung von 95 Mio. Euro angekündigt. 2026 waren Gewerbesteuereinnahmen von 128 Mio. Euro geplant, jetzt kann nur mit lediglich etwa 30 Mio. Euro gerechnet werden.Das Ergebnis des Gesamthaushalts verschlechtert sich damit 2025 von geplanten -20,8 Mio. Euro auf ein Defizit von -68,5 Mio. Euro. 2026 vergrößert sich das Minus von erwarteten -30,7 Mio. Euro auf einen Fehlbetrag von -73,2 Mio. Euro.Mit den sinkenden Einnahmen gehen auch geringer Umlagen einher, die die Stadt Sindelfingen stemmen muss. Daher verbessern sich die Haushaltsergebnisse in den darauffolgenden Jahren 2027 und 2028 voraussichtlich wieder ins Positive. Dank der vorhandenen Rücklagen ist die Liquidität in diesem Zeitraum gesichert und keine Kreditaufnahme notwendig. Gemäß der mittelfristigen Finanzplanung verringert sich die Liquidität bis 2029 allerdings auf lediglich 29,7 Mio. Euro.Der Erste Bürgermeister Christian Gangl sagt: „Die Einnahmesituation des städtischen Haushalts hat sich deutlich verschlechtert. Der Einbruch der Gewerbesteuer vergrößert das Defizit und erfordert eine rasche Korrektur bei der finanziellen Planung. Zwar können wir aufgrund der hohen Gewerbesteuereinnahmen der vergangenen Jahre noch auf eine hohe Ergebnisrücklage zurückgreifen, die Liquidität des städtischen Haushaltes verringert sich aber schneller als geplant. Eine deutliche Konsolidierung des Haushalts ist unumgänglich.“
Gemeinderat und Stadtverwaltung einigGemeinderat und Stadtverwaltung haben sich im Rahmen einer gemeinsamen Klausurtagung intensiv mit der Haushaltslage beschäftigt und auf ein gemeinsames Vorgehen bei der Konsolidierung geeinigt. Dabei wurden vier zentrale Festlegungen getroffen:Wir schaffen das nur gemeinsam.Wir bauen den Sanierungsstau Schritt für Schritt ab und treiben Planungen voran.Wir gestalten Zukunft.Wir konsolidieren grundsätzlich in allen Bereichen des städtischen Aufgabenspektrums.
Gemeinsam soll der vorhandene große Sanierungsstau Schritt für Schritt abgebaut und Planungen weiter vorangetrieben werden. Um eine breite Akzeptanz sicherzustellen, soll eine entsprechende Priorisierung von stabilen Mehrheiten des Gemeinderats getragen werden. Auch weiterhin soll die Stadt weiterentwickelt und in ihre Zukunft investiert werden. Gleichzeitig wird grundsätzlich in allen Bereichen des städtischen Aufgabenspektrums konsolidiert, kein Bereich kann ausgenommen werden. Hauptziele sind die Senkung der laufenden Ausgaben, die Anpassung von Steuern, Gebühren und Entgelten, das Voranbringen der Digitalisierung und die Begrenzung der Personalkosten auf ein angemessenes Maß.
Haushaltsstrukturkommission erarbeitet KonsolidierungsmaßnahmenEine Haushaltsstrukturkommission, die die Verwaltung dem Sindelfinger Gemeinderat bereits am 21. Oktober vorgeschlagen hatte, muss nun in Zusammenarbeit mit den Gremien und der Stadtverwaltung konkrete Konsolidierungsmaßnahmen erarbeiten, mit denen die laufenden Ausgaben gesenkt und die Einnahmensituation verbessert wird.Die Kommission, die aus dreizehn Stadträtinnen und Stadträten besteht, kommt gleich am heutigen Montag, dem 1. Dezember 2025, zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Weitere Sitzungstermine sind schon für Anfang 2026 vorgesehen.
Haushaltssperre und NachtragshaushaltBei dieser schlechten Haushaltslage ist rechtlich vorgeschrieben, dass eine haushaltswirtschaftliche Sperre zu erlassen ist. Dies wird der Gemeinderat voraussichtlich am 9. Dezember tun. Nur unaufschiebbare und dringend notwendige Ausgaben dürfen dann noch getätigt werden.Auch der Erlass eines Nachtragshaushalts 2026 ist aufgrund des großen Fehlbetrags gegenüber dem Plan vorgeschrieben. Die Beratungen dazu sind für April/Mai 2026 geplant.

(Erstellt am 01. Dezember 2025)