Langzeitprojekt „Vor 80 Jahren – Sindelfingen im Krieg“ des Stadtmuseums und Stadtarchivs
Das Projekt „Vor 80 Jahren – Sindelfingen im Krieg“ stellt monatlich wechselnd ein Thema oder ein Objekt aus der Zeit vor 80 Jahren im Stadtmuseum in den Mittelpunkt.
In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv entsteht auf diese Weise ein Blick in die Vergangenheit, der u.a. die damalige Alltagssituation der Menschen in den Fokus nimmt.
Im Bestand des Sindelfinger Stadtmuseums befindet sich der Ausstellungskatalog „Frau und Mutter – Lebensquell des Volkes“ (1942). Das Buch war ein Geburtstagsgeschenk an eine junge Frau, welches ihr 1943 von ihrem Onkel und ihrer Tante übergeben wurde.
1939 wurde die Propagandaausstellung „Frau und Mutter – Lebensquell des Volkes“ erstmals im Rahmen eines NSDAP-Parteitags gezeigt. Im Mittelpunkt stand die historische Betrachtung der Bedeutung und der Position der Frau von der „urgemanischen“ über die „großgermanische Zeit“ zum (Ersten) Weltkrieg und der Weimarer Republik bis zum „Großdeutschen Reich“.
Bereits im Vorwort machte Robert Ley (Reichsorganisationsleiter und Leiter der Deutschen Arbeitsfront) die Bedeutung der Mutterschaft im Sinne der NS-Ideologie klar: „Jedes Kind, das durch eine deutsche Mutter zur Welt gebracht wurde, war eine gewonnene Schlacht für unser Volk.“
In der nationalsozialistischen Propaganda spielte die Position der Ehefrau und Mutter eine wichtige Rolle. Laut Reichsfrauenführerin Gertrud Scholz-Klink ist die Aufgabe der Frau „Spenderin und Bewahrerin des Lebens zu sein und die männlichen Werke der Tat durch die sorgenden und hütenden Kräfte zu ergänzen.“ Das Ziel des NS-Systems war die Einflussnahme über die Ehefrauen und Mütter auf die Privatsphäre der Familien. Zur Stärkung des Großmachtstrebens war der NS-Staat auf eine hohe Reproduktionsquote angewiesen. Die Frauen an der „Heimatfront“ waren zudem wichtige Stützpfeiler zur Sicherung der gesamten „Volksgemeinschaft“.
Ab 1943 brachte das Oberkommando der Wehrmacht kleine Broschüren für die Soldaten heraus, sogenannte „Richthefte“. Hier wurden verschiedene Themen aufgegriffen, die sowohl den Kriegsalltag betrafen, als auch zur ideologischen Schulung dienen sollten. Heft Nummer 2 befasst sich unter dem Titel „Mehr Mut zum Leben – Ein offenes Wort zur Bevölkerungspolitik“ mit der Situation deutscher Familien. Hier wird ein „Geburtenkrieg“ propagiert, mit der Aufforderung mehr Kinder in die Welt zu setzen, um den (angeblichen) Bedrohungen aus den östlichen Ländern begegnen zu können. Zudem dürfe der Wiederaufbau des eigenen Landes nicht mit ausländischen Kräften erfolgen. Die angepeilte Geburtenzahl solle bei sechs bis acht Kindern liegen. Zur Erreichung dieser Zahl sei es erforderlich, dass auch die älteren Frauen ihre Pflicht erfüllen. Mit der Forderung nach der Gründung von großen Familien wurden sowohl Männer als auch Frauen gesellschaftlich unter Druck gesetzt. Zudem musste die Finanzierung allein von den Familien geleistet werden, da der NS-Staat mit der Kriegsführung befasst war.
Eine Vitrine mit Ausstellungsexponaten ist im Stadtmuseum ausgestellt. Zudem sind alle Texte des Langzeitprojektes auf der städtischen Website nachzulesen unter: www.sindelfingen.de/Langzeitprojektvor80jahren
Adresse:
Stadtmuseum Altes Rathaus
Lange Straße 13
71063 Sindelfingen
Kontakt:
Amt für Kultur
Abt. Museen
Frau Illja Widmann
Telefon: 07031 / 94-357
E-Mail: illja.widmann@sindelfingen.de