Die "Handweberei" ist in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden

Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer und die Sindelfinger Interessengemeinschaft Handweberei e.V. (IGH) freuen sich über die Aufnahme der Sindelfinger Handweberei in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes.
Die Auszeichnung wird am 29. Juni 2023 in Potsdam feierlich übergeben.

Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer: „Wir freuen uns über die Aufnahme der Sindelfinger Handweberei in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes. Das ist eine Wertschätzung für das Engagement der Stadt und des Vereins zum Erhalt und zur Weitergabe einer Kulturtechnik, die zu den ältesten Techniken der Menschheit gehört. Im 19. Jahrhundert etablierte sich die Handweberei in Sindelfingen und nahm eine bedeutende Stellung im gesamten Königreich Württemberg ein. Für die meisten Familien in Sindelfingen war die Handweberei jahrhundertelang eine wichtige wirtschaftliche Grundlage. Wir sind uns der großen Bedeutung der textilen Tradition in Sindelfingen bewusst.“ 
 
Bei der Bewertung durch das Fachkomitee wurde vor allem gewürdigt, dass der Zugang zu und die Teilhabe an der Handweberei als traditionelle Handwerkstechnik Interessierten über vielfältige Medienangebote und Workshops ermöglicht wird. Das Fachkomitee hebt auch die nachhaltigen Ansätze hervor, die sich unter anderem durch die Verwendung von ökologisch verträglicheren Rohstoffen und Farben äußern“, so das Fachkomitee.
    
Das umfassende Vereinsangebot ist dank des ehrenamtlichen Engagements und des umfassenden Einsatzes der Vereinsmitglieder möglich. „Ehrenamt ist in Sindelfingen ein wichtiger Pfeiler für das Miteinander und sichert die Weitergabe einer kulturellen Tradition.“ würdigt Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer.
 
In Kooperation mit dem Verein IGH betreibt die Stadt Sindelfingen seit Jahrzehnten das „Haus der Handweberei“ und unterstützt in Zusammenarbeit mit den hier agierenden Weberinnen und Webern den Erhalt dieser bedeutsamen Kulturtechnik und deren lebendige Weiterentwicklung.
“Dank der Unterstützung der Stadt kann im Haus der Handweberei die Tradition der Sindelfinger Webschule in einer zeitgemäßen Form auch nach über 150 Jahren fortgeführt werden“ sagt Ursula Ebel, Vereinsvorsitzende der Interessengemeinschaft Handweberei.
 
Seit vielen Jahren erleben sowohl die Ausbildungs- und Fortbildungskurse der IGH für Erwachsene, als auch die Kinderkurse im Webereimuseum einen großen Zulauf.
 
Das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes wird in einem mehrstufigen Verfahren von der Deutschen UNESCO-Kommission e.V. und verschiedenen deutschen staatlichen Stellen im Rahmen der nationalen Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens erstellt. Aktuell umfasst dieses Verzeichnis 144 Einträge deutschlandweit.
Die Auszeichnung ist ein weiterer bedeutender Baustein in der bundesweiten Wahrnehmung der Stadt Sindelfingen.
 
Historischer Hintergrund über die Entwicklung der Handweberei:
 
Bereits in archäologischen Fundzusammenhängen aus der Altsteinzeit wurden gewebte Textilien entdeckt. Die Technik ist auf der ganzen Welt verbreitet, denn Textilien begleiten den Menschen von der Geburt bis zum Tod. Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit waren die Handweber in Zünften organisiert und ermöglichten dadurch einen überregional umfassenden Wissenstransfer. Die Weiterentwicklung vom einfachen Webstuhl hin zu technologisch komplexen Webmaschinen im 18. und 19. Jahrhundert führten zur Steigerung der Produktivität. In vielen Bereichen war die Weberei der Ausgangspunkt für die Industrialisierung. Ein weiterer wichtiger Zweig war die Entwicklung der Handweberei bis hin zum Kunsthandwerk. In den Kunstgewerbeschulen des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Deutschen Werkbund und Bauhaus spielte die Handweberei eine wichtige Rolle. An vielen Textilstandorten in Deutschland wird bis heute die Tradition bewahrt und das Wissen weitergegeben.
 
Historischer Hintergrund zur Entwicklung der Handweberei in Sindelfingen

Die Stadt finanzierte Kurse ab 1869 in der hochspezialisierten Technik der Jacquardweberei und stellte dafür einen Zeichenlehrer ein.
 
In Sindelfingen wurde für die Handweberei im Jahr 1900 eine neue Webschule erbaut. Seit dem Jahr 2000 befindet sich in diesem denkmalgeschützten Gebäude (Corbeil-Essonnes-Platz 4) das Webereimuseum. Das Handwerk selbst wird über den Verein Interessengemeinschaft Handweberei e.V. (IGH) bewahrt und weitergegeben.
 
Dieser entwickelte sich aus dem 1953 gegründeten Bundesfachverband der Handweber und übernahm nach der Schließung der Berufsfachschule für Weberei und Webgestaltung in der Gottlieb-Daimler-Schule in Sindelfingen im Jahr 2001 den Unterricht der Gesellen. Meisterinnen und Meister sowie Gesellinnen und Gesellen der Handweberei des Vereins bieten bis heute vielfältige Kurse an, vom Anfängerkurs über spezielle Techniken z.B. das Bandweben oder die Computersteuerung am Handwebstuhl. 

Weitere Informationen zur Webschule und zu den Kursen stehen unter:
https://www.haus-der-handweberei.de
 
Kontaktadresse:
Illja Widmann - Amt für Kultur, Abt. Museen
07031/94-357
illja.widmann@sindelfingen.de
www.sindelfingen.de