Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer: „Als Stadt Sindelfingen stellen wir uns für die Zukunft auf und treiben die Energiewende für unsere Stadt engagiert voran. Der kommunale Wärmeplan und die Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts sind wichtige Bausteine, um diesen Weg konsequent weiter zu gehen.“
Die Energie- und Treibhausgasbilanz für das Jahr 2019 der Stadt Sindelfingen zeigt, dass die Treibhausgas-Emissionen gegenüber dem Jahr 2009 gesunken sind. Um Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, sind weitere Maßnahmen erforderlich. Ein Baustein ist die Reduzierung des Energiebedarfs im Bereich Wärmeversorgung durch die im kommunalen Wärmeplan vorgeschlagenen Maßnahmen. Zudem sollen durch die Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts der Stadt weitere Handlungsfelder erschlossen werden.
Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer: „Als Stadt stellen wir uns seit Jahren gemeinsam mit den Stadtwerken für die Zukunft auf und leisten unseren Beitrag zur Energiewende. Wir haben kontinuierlich Fernwärme und Photovoltaik ausgebaut und setzen auch auf Windkraft. Aktuell planen wir am Standort Dachsklinge eine Energiedrehscheibe mit Windkraft, Photovoltaik und einem Biomasseheizwerk – hier können perspektivisch bis zu 64.000 Tonnen CO2 eingespart werden.
Die Energie- und Treibhausgasbilanz für das Jahr 2019 zeigt, dass die Treibhausgas-Emissionen in den Bereichen private Haushalte, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen, Industrie und kommunale Einrichtungen gegenüber 2009 gesunken sind. Auch wenn die Aussagekraft der Bilanz methodisch bedingt begrenzt ist, zeigt sie, dass wir auf einem guten Weg sind, gleichzeitig aber noch einiges zu tun ist für ein klimaneutrales Sindelfingen.
Um unser Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, gilt es, auf Basis bestehender Erkenntnisse und Erfahrungen weitere Handlungsfelder zu erschließen und ein geeignetes Monitoring zur Erfolgskontrolle zu implementieren. Dazu wollen wir auch unser Klimaschutzkonzept fortschreiben und dieses an einen externen Dienstleister vergeben.“
Baubürgermeisterin Dr. Corinna Clemens: „Die Energie- und Treibhausgasbilanz 2019 zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und unsere Anstrengungen zum Klimaschutz etwas bewirken. Die zwischen 2009 und 2019 erzielten Treibhausgas-Einsparungen reichen allerdings nicht aus, die Geschwindigkeit der Einsparungen muss erhöht werden.
Ein wichtiger Baustein für Klimaneutralität ist der vorgelegte kommunale Wärmeplan, mit dem wir die Wärmeversorgung in unserer Stadt zukunftsfest machen wollen. Für eine gelungene Wärmewende sind der Ausbau von PV-Anlagen und die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien für die Fernwärme erforderlich. Zudem planen wir, das Hinterweil zu einem Pilotquartier zu machen, indem wir dort Maßnahmen zur Dekarbonisierung und energetischen Sanierung durchführen. Die gewonnenen Erkenntnisse können wir dann für die gesamte Stadt übernehmen.“
Treibhausgas-Bilanz 2019
Aus der Energie- und Treibhausgasbilanz, die dem Gemeinderat vorgestellt wurde, lassen sich Entwicklungstendenzen für die Stadt ableiten.
Im Jahr 2019 wurden in Sindelfingen 837.000 Tonnen Treibhausgase (THG) emittiert. Ohne Verkehr lagen die Emissionen bei 573.000 Tonnen Treibhausgase. Gegenüber dem Jahr 2009 konnten die THG-Emissionen im stationären Bereich (ohne Verkehr) demnach um 16 Prozent gesenkt werden. Diese Einsparungen sind im Wesentlichen auf die Verbesserung des Emissionsfaktors im Bundesstrommix, die Verbesserung des Emissionsfaktors der Sindelfinger Fernwärme sowie den Umstieg von Heizöl auf Erdgas und Fernwärme zurückzuführen.
Gleichzeitig zeigen sich in einer prosperierenden urbanen Stadt wie Sindelfingen die Grenzen der territorialen Bilanzierung. Zahlreiche angestoßene und geplante Maßnahmen zum Klimaschutz wirken sich gar nicht oder nicht unmittelbar in der THG-Bilanz aus. Beispiele dafür sind die Solaroffensive (Photovoltaik auf dem Deckel über die A 81) und das E-Lade-Konzept der Stadt Sindelfingen. In der THG-Bilanz wird der Bundesstrommix und ein bundesweit einheitlicher Emissionsfaktor je Fahrzeugklasse zugrunde gelegt. Rund 90 Prozent des Endenergieverbrauchs des verarbeitenden Gewerbes entfallen zudem auf das Mercedes-Benz Werk. Gleichzeitig lässt sich nicht berücksichtigen, dass die Mercedes-Benz Group AG bereits seit 2022 in allen eigenen Werken bilanziell CO2-neutral produziert. Investitionen in Wind- oder Solarparks durch die Mercedes-Benz Group AG oder auch das städtische Tochterunternehmen Stadtwerke Sindelfingen GmbH finden in der Sindelfinger THG-Bilanz keine Berücksichtigung.
Hierzu stellt Klimaschutzmanager Holger Kesten fest: „Die letzten Jahre waren davon geprägt, Teilkonzepte zu erarbeiten – die Sindelfinger Solaroffensive, das E-Lade-Konzept und natürlich der Wärmeplan. Mit dem neuen Klimaschutzkonzept wollen wir einen Rahmen schaffen und die bestehenden Teilkonzepte integrieren. Eine wichtige Aufgabe wird dabei auch sein, ein umfassendes Klimaschutz-Monitoring zu entwickeln, das die THG-Bilanzierung ergänzt und unsere Arbeit, Erfolge wie Misserfolge, in ihrer Gesamtheit abbildet.“
Klimaschutzkonzept
Aufbauend auf dem ersten Klimaschutzkonzept der Stadt Sindelfingen von 2001 und dem zweiten Klimaschutzkonzept von 2013 wurden zahlreiche Klimaschutzmaßnahmen in die Wege geleitet und umgesetzt. Um in Sindelfingen Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, sind ambitionierte Konzepte und Maßnahmen notwendig, für die ein neues Klimaschutzkonzept den Rahmen liefern soll. Auf Basis bestehender Erkenntnisse und Erfahrungen sollen weitere Handlungsfelder erschlossen, bereits bestehende Konzepte integriert und ein geeignetes Monitoring zur Erfolgskontrolle implementiert werden. Hierfür soll die Erstellung des neuen Klimaschutzkonzepts an einen externen Dienstleister vergeben werden.
Kommunaler Wärmeplan
Einer der wichtigsten Bausteine auf dem Weg zur Klimaneutralität ist der Sektor Wärme und Gebäude. Das Land Baden-Württemberg hat bereits 2019 seine größeren Kommunen verpflichtet, bis 2024 einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen.
Der kommunale Wärmeplan soll für die Gestaltung der Wärmewende vor Ort die Grundlagen liefern. Er bildet die Situation vor Ort im Wärmesektor ab und prüft für die Zukunft Möglichkeiten zur Umgestaltung und Weiterentwicklung von Infrastrukturen. Er zeigt Einsparpotenziale, Potenziale der erneuerbaren Energien sowie Transport- und Speichermöglichkeiten von Wärme durch Fernwärmenetze auf. Der Wärmeplan ist damit ein wichtiges Werkzeug der kommunalen Stadtentwicklung.
Zentrale Säulen für eine erfolgreiche Wärmewende sind zum einen die Senkung des Gesamtbedarfs an Wärme durch Effizienzmaßnahmen an Gebäuden und die Optimierung von Heizsystemen, zum anderen die Umstellung auf erneuerbare Energien in der Wärmeversorgung. Die kommunale Wärmeplanung der Stadt, wurde dem Gemeinderat ebenfalls am Mittwoch vorgestellt und liefert eine Grundlage für die Wärmewende. Der kommunale Wärmeplan der Stadt Sindelfingen besteht aus den Teilen Bestandsanalyse, Potenzialanalyse, Verbrauchs- und Versorgungsszenario, Wärmewendestrategie und Schwerpunktsetzung mit Maßnahmen bis 2030. Für die Umsetzung der im Wärmeplan vorgesehenen Maßnahmen arbeitet die Stadtverwaltung Sindelfingen mit Akteuren wie den Stadtwerken Sindelfingen, den Schornsteinfegern in den Kehrbezirken der Stadt, den Wohnstätten Sindelfingen, dem Eigenbetrieb Stadtentwässerung und dem Zweckverband Restmüllheizkraftwerk Böblingen zusammen.
Die Bestandsanalyse zeigt die nach wie vor großen fossilen Anteile an der Wärmeversorgung in Sindelfingen. Mit Erdgas wird rund die Hälfte der Wärme in Sindelfingen erzeugt und auch die separat ausgewiesene Fernwärme gespeist. Heizöl hat einen Anteil 16 Prozent. Der Fernwärmeanteil liegt mit 30 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 14 Prozent. Potentiell erneuerbare Wärmequellen wie Strom und Umweltwärme liegen bei 4 Prozent, Holz und Biomasse bei rund 3 Prozent. Etwa ein fünftel aller Heizungen haben mit einem Alter von über 30 Jahren dringenden Erneuerungsbedarf, weitere 20 Prozent gelten mit über 20 Jahren ebenfalls als veraltet.
Potential für erneuerbare Wärmequellen hat die Untersuchung zum Beispiel in den Flächenpotentialen der Dächer von Wohnhäusern, Gewerbeimmobilien und Hallen sowie auf öffentlichen und privaten Parkplätzen erkannt. Diese Potentiale lassen sich je nach Situation vor Ort direkt zur Wärmegewinnung via Solarthermie oder über die Strom-Produktion mit Photovoltaik heben. Hinzu kommen Abwärmepotentiale aus Abwasser im Kanal und direkt bei der Kläranlage sowie aus der Verbrennung von Klärschlamm im geplanten Klärschlammheizkraftwerk. Bereits geplant ist die Gewinnung von Biogas in einer Bioabfallvergärungsanlage auf der Dachsklinge. Mit die größten Potentiale liegen in der Reduktion des Wärmebedarfs durch Sanierung, vor allem durch Dämmung, von Gebäuden.
Im Verbrauchs- und Versorgungsszenario wird errechnet, wie viel die Potentiale realistisch beitragen können und müssen, und wie sich die künftige Wärmeversorgung zusammensetzt. Hierbei werden zwei Szenarien betrachtet. Das erste geht von einem besonders ambitionierten Ausbau der Fernwärme aus. Hier stellt vor allem die Umstellung auf klimaneutrale Quellen für die Fernwärme eine große Herausforderung dar. Im zweiten Szenario wird von einem etwas geringeren Anteil der Fernwärme ausgegangen, was den flächendeckenderen Einsatz von Wärmepumpen und damit erhöhten Ausbaubedarf bei erneuerbaren Stromquellen wie Photovoltaik und Windkraft sowie des Stromnetzes erfordert.
Die Wärmewendestrategie fußt auf sechs Säulen: Beschleunigung der Gebäudesanierung, Lenkung der Heizungsumstellung in Gebieten mit dezentraler Versorgung, Aufbau von Quartierslösungen zur gemeinsamen Wärmeversorgung, Ausbau und Verdichtung der Fernwärme, Transformation der Fernwärme sowie das Flächenmanagement für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Um diese Strategie Realität werden zu lassen, hat die Stadt Sindelfingen im kommunalen Wärmeplan Sindelfingen sechs Schwerpunkte beschrieben. Die in der Tabelle dargestellten Maßnahmen sollen bis 2030 umgesetzt werden. Sie betreffen in besonderem Maß die Verwaltung sowie die Stadtwerke Sindelfingen, formulieren aber auch Aufträge an zahlreiche Akteure der Stadtgesellschaft. Auch erste Schritte für die Jahre 2024 und 2025 sind bereits identifiziert und teilweise schon in Umsetzung, um auf diese Weise wichtige Weichen für die weitere Umsetzung der Wärmewende in allen relevanten Schwerpunkten auf den Weg zu bringen.
„Die Stabsstelle Klimaschutz und nachhaltige Mobilität hat sich inzwischen zu einem schlagkräftigen Team weiterentwickelt mit bald sechs Kolleginnen und Kollegen, deren Fachwissen und Leidenschaft sich gegenseitig ergänzen und verstärken. Für die vor uns liegende Herausforderung, Klimaschutz und das Ziel der Klimaneutralität ganzheitlich mit allen Facetten zu betrachten und zu bearbeiten, sind wir daher bestens gerüstet“, so Holger Kesten abschließend.